Ich betreue zwei Schwestern im Alter von zehn und zwölf Jahren, die als Roma aus Bosnien zunächst einige Jahre in Italien lebten und nun seit etwa vier Jahren in Deutschland sind. Wöchentlich verbringe ich mit Vanessa (12) und Samira (10) (Namen geändert) viele spannende Stunden, sei es beim Kuchenbacken oder Minigolfen, im Tierpark oder in der Seilbahn. Möglichst viel unterhalten, darum geht es! Denn in ungezwungener Atmosphäre fällt es den Kindern viel leichter, sich etwas von der Seele zu reden. Und wenn ein Satz mal krumm und schief wird – nicht schlimm. Sie werden trotzdem wertgeschätzt! Denn genau das ist es, was Flüchtlingen häufig gerade in ihrer Kindheit und Jugend fehlt. Die anfängliche Erfahrung von meiner Freundin Uma wiederholt sich zehn Jahre später bei Vanessa und Samira: Sie haben das Gefühl, ausgegrenzt zu werden. Sie berichten: `Keiner mag uns in der Schule. Die spielen nicht mit uns.`
Für sie ist die Message klar: `Ihr seid anders.` Diese ablehnende Haltung generiert einen Teufelskreis: Je unwillkommener sie sich fühlen, desto unmotivierter sind sie, sich in die Gesellschaft einzubringen. Umgekehrt heißt das aber auch: Je willkommener sie empfangen werden, desto größer ist ihr Interesse, der Gesellschaft etwas zurückzugeben.
Wertschätzung ist das Stichwort. Wie wichtig Anerkennung sein kann, sehe ich bei Uma, die hierdurch den Ansporn entwickelt hat, der Gesellschaft als Ärztin helfen zu wollen. Zum anderen habe ich bei Vanessa und Samira gemerkt, dass sie durch Wertschätzung Selbstbewusstsein entwickeln konnten. Dafür spricht auch Samiras neueste Erzählung: `Wir haben jetzt Freunde! Wir haben einfach gefragt, ob wir mitspielen dürfen. Vorher haben wir uns nie getraut.`“