Stipendium Plus
© Heidi Scherm. Quelle: sdw
© Heidi Scherm. Quelle: sdw

Bericht von David Stauss, Stipendiat des Evangelischen Studienwerks Villigst

Mitbestimmen und über den Tellerrand schauen — das Evangelische Studienwerk ermöglicht neue Perspektiven

David Stauss ist seit 2013 Stipendiat im Evangelischen Studienwerk Villigst. Er studiert Jura in Türbingen und macht zurzeit einen Sprachkurs in Paris. Hier berichtet er über seine Erfahrungen im Auswahlverfahren für ein Stipendium des Evangelischen Studienwerks und seine Erfahrungen als Stipendiat.

David Stauss Stipendiat im Evangelischen Studienwerk Villigst

Durch Freunde meiner Eltern kam ich immer wieder mit „Villigst“ in Berührung - was sich dahinter verbarg, lernte ich erst bei einer Informationsveranstaltung über das Evangelische Studienwerk Villigst. In den ersten Semestern in meiner Studienstadt Tübingen kam der Name wieder auf und ich bewarb mich für die Grundförderung. Pro Jahr gibt es zwei Bewerbungstermine, zu denen ein Motivationsschreiben, tabellarischer und ausführlicher Lebenslauf und jeweils ein Gutachten über gesellschaftliches, soziales oder politisches Engagement und eines über die Studientauglichkeit und fachliche Qualifikation eingesandt werden müssen.

Schon diese Phase vor der eigentlichen Bewerbung hat mich herausgefordert. Zum einen musste ich herausfinden, was ich eigentlich von Villigst will, zum anderen ist es in den großen Studiengängen wie dem Jurastudium eher eine Ausnahme, dass man in einer Art und Weise auffällt, die es erlaubt, einen Professor um ein Gutachten bitten zu können - vor allem in den Massenveranstaltungen der ersten Semester. Als aber einmal die Motivation gefunden, das Interview mit dem Professor geführt und die gesammelten Unterlagen nach Villigst geschickt waren, bekam ich alsbald eine Einladung zur zweiten Bewerbungsphase: der Vorauswahl.

Eine „Altvilligsterin“, also jemand, die mit einem Stipendium aus Villigst studierte, das Studium aber mittlerweile abgeschlossen hatte, eine Studentin, die bereits in der Villigster Förderung war, und die Vorsitzende der Prüfungskommission empfingen mich zu einem regionalen Auswahlgespräch. Anhand ihrer Fragen konnte ich erkennen, dass sich die Auswählenden intensiv mit meinen Bewerbungsunterlagen beschäftigt hatten und es entwickelte sich ein tolles Gespräch über die Eindrücke in meinem Auslandsjahr nach dem Abitur.

Mit dieser guten Erfahrung im Rücken fuhr ich ein paar Monate später — ich war zur Hauptauswahl eingeladen worden — nach Villigst/Schwerte. Für das Wochenende wurden wir in nach Fachrichtungen geordnete Kleingruppen eingeteilt. In diesen hatten wir in einer Art Rollenspiel ein fiktives Problem zu diskutieren und einen mehrheitsfähigen Kompromiss zu finden. Jede und jeder sollte Statements abgeben, die wiederum in der Fachgruppe diskutiert wurden - alles unter der Beobachtung des Auswahlkomitees. Ein weiteres Gespräch stellte dann den Abschluss des Wochenendes und auch meines Bewerbungsprozesses dar. In ähnlicher Konstellation wie bei der Vorauswahl traf ich bei dem Hauptauswahlgespräch drei Prüfer, darunter einen Anwalt, die uns schon das ganze Wochenende begleitet hatten. Zehn Minuten fachliche Fragen, 20 Minuten allgemeine Fragen und mit einem unsicheren Gefühl fuhr ich nach Hause.

Offenbar waren die Wissensfragen aber nicht das einzige Kriterium für die Auswahl, denn einige Zeit später wurde ich in das Studienwerk aufgenommen und zur Einführungswoche eingeladen. Dabei habe ich Villigst und vor allem die Stipendiaten, die mit mir aufgenommen wurden, kennenlernen können. Eine sehr schöne Erinnerung!

„Evangelischer Glaube beschränkt sich darum nicht auf die Pflege frommer Innerlichkeit, sondern bewährt sich darin, dass er seine erneuernde und gestaltende Kraft im Staat, in der Wirtschaft, im Rechtsleben wie in der Wissenschaft und in der Kunst wirksam werden lässt.“

Dieser Satz aus der Gründungserklärung des Evangelischen Studienwerks begegnete mir in meinem Bewerbungsprozess für ein Stipendium bei Villigst immer wieder. In meinem studentischen Alltag, nun, einige Semester nach meiner Einführungswoche, zeichnet sich Villigst für mich besonders durch die Aktivitäten auf regionaler Ebene aus. In unserem Konvent, der regionalen Gruppe von Stipendiatinnen und Stipendiaten, finden über das Semester verteilt Treffen statt. In diesem Zusammenhang konnte ich besonders von der ideellen Förderung profitieren. Die Villigster Studienleiter kommen mehrfach im Semester in die einzelnen Studienorte und bieten Gespräche an. Studienbezogene aber auch persönlichen Fragen konnte ich dabei gut ansprechen. Mein damaliger Studienleiter hat mich in einer etwas ratlosen Studienphase einfühlsam und hilfreich beraten und mich dazu ermuntert, all die Möglichkeiten und Kontakte, die mit der Aufnahme in das Studienwerk einhergehen, zu nutzen einen Teil der ideellen Förderung, der mir immer wieder geholfen hat und den ich sehr zu schätzen gelernt habe. 

Gleichzeitig gibt es aber auch viele Anlässe, Villigsterinnen und Villigster aus anderen Studienorten kennenzulernen. Mehrfach im Jahr finden Treffen in Villigst statt — zum Beispiel das Pfingsttreffen oder die Delegierten-Konferenzen. Dies sind Veranstaltungen, bei denen sich zeigt, wie viele Möglichkeiten der studentischen Mitbestimmung es im Studienwerk gibt. An vielen Stellen wird ein Rahmen geboten, der dann von Stipendiatinnen und Stipendiaten mit Plänen und Ideen gefüllt werden kann. Besonders gilt dies für die Sommeruni. Unter einem thematischen Schwerpunkt findet in jedem Jahr in den vorlesungsfreien Sommermonaten, organisiert von einem mit Stipendiatinnen und Stipendiaten besetzten Komitee, eine Vielzahl von Seminaren statt. Dabei lässt sich immer eine Veranstaltung finden, die Berührungspunkte mit dem eigenen Studieninhalten aufweist; besonders spannend ist es aber, ein Seminar zu besuchen, dessen Thema ganz unbekannt ist und so einen interdisziplinären Austausch zu erleben. Indem in Villigst gleichzeitig die Möglichkeit besteht, in den nach Studienfächern aufgeteilten Fachgruppen Tagungen und Vorträge selbstständig zu organisieren und durchzuführen, wird auch die Vernetzung innerhalb der eigenen Studienrichtung gefördert. Besonders konnte ich davon profitieren, als ich Jurastudierende aus höheren Semestern und Villigster Promotionsstipendiaten aus meinem Konvent kennenlernte und mit ihnen zum Beispiel über Fragen der Studienplanung sprechen konnte.

Neben aller ideeller und materieller Förderung stellt Villigst aber auch Erwartungen an die Stipendiatinnen und Stipendiaten. Die Teilnahme an der Einführungswoche ist verpflichtend, jährlich müssen Erfahrungsberichte eingereicht werden und wir unterstützen die Öffentlichkeitsarbeit des Studienwerks. Auf dem Markt der Möglichkeiten im Rahmen des Kirchentags der Mitteldeutschen Kirche organisierten wir beispielsweise einen Stand, an dem wir über das Studienwerk informierten und Fragen über das Stipendium beantworteten.

Villigst hat mir viele Möglichkeiten eröffnet. Ich freue mich an all den spannenden Begegnungen, die ich über das Studienwerk habe. Zudem werde ich immer wieder ermutigt, mir Zeit im Studium zu nehmen und mich auszuprobieren.


Hier gelangt ihr zu den anderen Einblicken des Monats:

März 2015: Den Gründergeist schon während des Studiums entdeckt

Februar 2015: Bericht von Ronny Zimmermann, Stipendiat der Journalistischen Nachwuchsförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung

Januar 2015: Das FES-Bildungsprogramm von und für Stipendiat_innen 

Dezember 2014: Begabtenförderung der Friedrich-Naumann-Stiftung

November 2014: STUDIENSTIFTUNG ZEICHNET BESONDERES ENGAGEMENT AUS: MAXIMILIAN OEHL ERHÄLT DEN „WEITER?GEBEN!“-PREIS 2015

September 2014: Mein Weg zur Hans-Böckler-Stiftung und die Förderung der Stiftung

August 2014: Materielle und ideelle Ermöglichung zum Andersdenken mit einem Stipendium der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Juli 2014: Kleine Klassen, echte Profis als Lehrer

Juni 2014: WEITER HORIZONT, ENGE GRENZEN? – Austausch ohne Grenzen in offenes Netzwerk als Teil der „Villigster Gemeinschaft“

Mai 2014: Bericht von Nina Schießl (Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk)

April 2014: Aufbrechen zu neuen Zielen. Mit den Begabtenförderwerken in die Welt. (Bericht von Maria Dillmann, Cusanuswerk)

März 2014: muslimisch – talentiert – engagiert. Avicenna-Studienwerk startet mit der ersten Bewerbungsphase

Februar 2014: "Bei der Stiftung der Deutschen Wirtschaft kommen Studierende aus allen Fachrichtungen zusammen"

Januar 2014: Studieren und Promovieren mit einem Kind oder – man mag es kaum glauben - sogar mehreren Kindern? (Bericht von Helen Schmitt-Lohmann und Laura Solzbacher, Konrad-Adenauer-Stiftung)

Dezember 2013: Ein Tag aus meinem Leben als Stipi von Tina Jung, Stipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung

November 2013: Abschlussbericht von Olivia Güthling, Altstipendiatin der Friedrich Naumann-Stiftung

 

Avicenna Studienwerk
Cusanuswerk e.V.
Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk
Evangelisches Studienwerk e.V. Villigst
Friedrich-Ebert-Stiftung
Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit
Hans Böckler Stiftung
Hanns Seidel Stiftung
Heinrich Böll Stiftung
Rosa Luxemburg Stiftung
Stiftung der deutschen Wirtschaft
Studienstiftung des deutschen Volkes