Liebe Steffi Heger, können Sie sich kurz vorstellen?
Ich bin 28 Jahre alt, promoviere kooperativ in Sozialer Arbeit und Angewandter Ethik und lebe mit meinem Mann und unserer zweijährigen Tochter in Thüringen. Nach dem Abitur habe ich Soziale Arbeit in Bachelor und Master studiert und anschließend in der Jugendhilfe gearbeitet. Seit 2017 forsche ich zum Thema Achtsamkeit im Studium der Sozialen Arbeit.
Sie haben den Master abgeschlossen und sind erfolgreich ins Berufsleben gestartet. Wieso haben Sie sich dazu entschieden, doch noch einmal an die Hochschule zurückzukehren und eine Promotion zu beginnen?
Nach dem Master bekam ich genau die Stelle angeboten, auf die ich lange hingearbeitet hatte. Ich arbeitete in einem liebenswerten und erfahrenen Team und habe Familien bei unterschiedlichsten Problemen begleitet. Gleichzeitig kam in mir immer mehr der Wunsch auf, mich weiterzubilden und mir mehr berufliche Perspektiven zu eröffnen. Als mein Professor aus dem Bachelorstudium mich dann fragte, ob ich bei ihm zum Thema Achtsamkeit promovieren möchte, ergriff ich diese Chance. Bereits in meinem Studium an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena hatte ich das Thema kennengelernt.
Achtsamkeit in der Sozialen Arbeit ist nicht gerade ein Breitenthema. Was muss man sich unter dem Begriff Achtsamkeit vorstellen?
Wissenschaftlich betrachtet ist Achtsamkeit das bewusste Wahrnehmen des gegenwärtigen Moments, ohne dabei zu urteilen. Dies kann durch praktische Übungen, wie Achtsamkeitsmeditation oder Bewegungsübungen trainiert werden und zeigt positive Effekte, insbesondere in der Reduktion von Stress und verbesserter Konzentrationsfähigkeit.
Meine Doktorväter haben das Thüringer Modellprojekt Achtsame Hochschulen in der Digitalen Gesellschaft ins Leben gerufen und mich für das Thema begeistert. Mir war wichtig, mit meiner Forschung einen Beitrag zur Entwicklung des Studiums der Sozialen Arbeit zu leisten und so kann ich nun beides miteinander verbinden - mich weiterentwickeln in der Forschung und einen nachhaltigen Beitrag in dem Fach leisten.
Was macht Ihre Forschung aus?
In meiner Arbeit untersuche ich Innovationsprojekte, die Achtsamkeit über mehrere Jahre ins Curriculum der Sozialen Arbeit implementiert haben. Ich finde es sehr wichtig, dass Achtsamkeit als Kulturtechnik zunehmend Eingang in Bildung sowie in pädagogische Diskurse findet.
Warum haben Sie sich für den Weg entschieden, mit Hilfe eines Stipendiums der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) zu promovieren?
Auf die Idee, mit Stipendium zu studieren, hat mich mein Doktorvater gebracht. Zudem hat er mich auch bei der Bewerbung unterstützt. Ich habe mich dann für die KAS entschieden, weil ich die christlich-demokratischen Werte teile. Zudem bietet mir die KAS neben der finanziellen Förderung ein hervorragendes Netzwerk sowie persönliche Betreuung. Besonders wichtig war mir auch, eine familienfreundliche Stiftung zu finden, in der ich mich mit meinem Engagement einbringen kann.
Hat Ihnen das Netzwerk auch Mehrwert für Ihre Arbeit liefern können?
Da ich im Bereich der Hochschullehre forsche, gebe ich als Dozentin Seminare für Studierende. Dafür ist der Input aus den KAS-Veranstaltungen sehr hilfreich, denn die vielseitigen Kontakte und der Austausch geben immer neue Impulse für meine Lehrveranstaltungen.
Ein Seminar zu Achtsamkeit gab es bisher bei der KAS noch nicht, aber im regen Austausch mit Konstipendiatinnen und Konstipendiaten sowie durch den Input der vielen inhaltlichen Netzwerke und durch die Altstipendiatinnen und Altstipendiaten kann ich sicherlich noch mehr Menschen für das Thema begeistern.
Sie haben zu Beginn Ihrer Promotion eine Tochter bekommen. Für viele ist das ein Grund, das Studium erst mal zu pausieren. Was motiviert Sie, dennoch am Ball zu bleiben und was sind Ihre Erfahrungen bei einer Promotion mit Kind?
Die Arbeit an meiner Promotion kann ich mir, anders als in jedem anderen Job in meinem Berufsfeld, völlig frei einteilen. Diese Flexibilität, kombiniert mit der großen Unterstützung meines Mannes und meiner Eltern, sind für mich die Eckpfeiler eines harmonischen Familien- und Arbeitsalltags. Besonders hilfreich bei der Promotion mit Kind ist auch die finanzielle Förderung durch die KAS im Mutterschutz. Außerdem hat die KAS ein Elternnetzwerk und es ist möglich, Kinder sowie eine Begleitperson mit zu Seminaren zu nehmen.
Corona hat die Situation für viele Eltern zusätzlich verkompliziert. Wie haben Sie sich arrangiert?
Da ich nicht in meinem Hochschulort lebe, sondern fern promoviere, waren wir gewohnt, häufig unterwegs zu sein. Meine Tochter, samt Papa oder Oma, habe ich immer zu allem Kongressen und Seminaren mitgenommen. Durch Corona verzögert sich zwar mein Zeitplan, aber mein Alltag ist ruhiger geworden. Ich profitiere davon, dass viele Veranstaltungen jetzt online angeboten werden und ich Fahrtwege spare. Anders als viele, die jetzt pandemiebedingt im Homeoffice arbeiten, hatte ich schon vorher viel Erfahrung mit flexibler Arbeitseinteilung, Organisation und Selbstmotivation am heimischen PC gesammelt. Der persönliche Austausch ist zwar oftmals nicht zu ersetzen, aber es freut mich, dass digitale Seminarformen nun auch bei der KAS etabliert werden.
Was würden Sie potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern raten?
Trotz sehr guter Leistungen und ehrenamtlichen Engagements habe ich mich im Bachelor und Masterstudium nicht für ein Stipendium beworben, weil ich dachte nicht herausragend genug zu sein. Als ich schwanger und mit großem Babybauch zur KAS Auswahltagung nach St. Augustin gefahren bin, habe ich nicht geglaubt, ein paar Wochen später eine Zusage in der Post zu finden. Tatsächlich zählt nicht bloß allein die Leistung, sondern eben auch Engagement und Persönlichkeit. Rückblickend hätte ich mich gern schon früher beworben und kann somit nur jeder und jedem raten: Probiert es!