Sobald du Stipendiatin oder Stipendiat bei uns bist, steht dir das volle Betreuungs- und Veranstaltungsprogramm zur Verfügung. Es hat bei jedem Werk andere Schwerpunkte, die auf unseren unterschiedlichen weltanschaulichen Ausrichtungen und Zielsetzungen basieren. Dennoch gibt es auch hier eine Reihe von Gemeinsamkeiten!
Sich für ein Stipendium zu bewerben, bedeutet, eine Hemmschwelle zu überwinden. Ein Stipendium birgt schließlich so viele Assoziationen, die man manchmal schwer mit sich in Einklang bringen kann: Bin ich gut genug für ein Stipendium? Reicht meine akademische Leistung? Wenn Deutsch nicht die Muttersprache ist – reichen meine sprachlichen Fähigkeiten? Gekoppelt an den Gedanken der Konkurrenz, mag es Dich abschrecken, Dich für ein Stipendium zu bewerben und das Stipendium wird eine Wunschvorstellung.
Wie abwegig dieses Bild ist, erfährt man oft mit dem ersten Kontakt zu einem Stipendiaten oder einer Stipendiatin. Dieser Kontakt entsteht zumindest beim Evangelischen Studienwerk Villigst sehr früh im Bewerbungsverfahren, da die Stipendiatinnen und Stipendiaten als Betreuer und Auswähler dabei sind. Natürlich nimmt man dies als Gelegenheit wahr, um auszukundschaften, was das Studienwerk Villigst eigentlich sucht - und trifft auf Diversität.
Kein Stipendiat und keine Stipendiatin ist so wie ein anderer oder eine andere: Wir kommen aus unterschiedlichen Ländern und sprechen verschiedene Sprachen. Der gemeinsame Nenner sind Weltoffenheit, Menschlichkeit und eine gewisse Herzenswärme, die aus Empathie und Interesse an der Umwelt genährt sind. Ein wacher, neugieriger und kritischer Verstand, der sich wissenschaftlich mit Themen auseinander setzt. Und gesellschaftliches Engagement, das aktiv mitgestaltend verstanden wird.
Dafür muss man nicht zwingend Deutsch als Muttersprache sprechen, man muss nicht zwingend einen 1,0-Notendurchschnitt haben und man muss keineübermenschlichen Leistungen erbringen – denn Villigst hat mehr im Blick.
Ich weiß, wie herausfordernd es ist, an einer deutschen Universität zu studieren, wenn Deutsch nicht die Muttersprache ist. Das wissenschaftliche Deutsch unterscheidet sich stark von der alltäglichen Sprache. Wer Deutsch als Zweitsprache spricht, muss mehr Arbeit und Zeit investieren, Texte zu dekodieren und braucht mehr Zeit für Korrekturen. Nicht immer spiegeln Ergebnisse diesen höheren Aufwand wieder. Es ist frustrierend, wenn man mehr Kraft investieren muss, gerade weil die Ergebnisse so wichtig für die Zukunft sind.
Das Evangelische Studienwerk Villigst hat einen ganzheitlichen Blick und sieht nicht nur Deine Endergebnisse, sondern würdigt und interessiert sich für die Bedingungen, unter denen Du die Leistungen erbracht hast. Ich erinnere mich an den Tag meines ersten Bewerbungsgesprächs. An die Nervosität: ich fuhr früh morgens von Hamburg nach Bremen und dachte in der Bahn über das kommende Gespräch nach - ob ich mich genug vorbereitet hatte und ob ich als Person dem Gesuchten entsprach. Meine Vorfahren mütterlicherseits lassen sich zu einem anatolischen Dorf zurückverfolgen und mit jeder Generation verbesserten sich der Ort und die ökonomischen Bedingungen. Mein Bruder und ich sind die ersten, die an einer Universität studieren. Ich will der Zielstrebigkeit meiner Familie gerecht werden und hatte über die Jahre mein Berufsfeld für mich entdeckt: Mein Wunsch, Sonderlehramt zu studieren war aus meiner Freude, mit Kindern zu arbeiten und meinem Gerechtigkeitsempfinden gegenüber dem Bildungssystem entstanden.
Ich bin schwerhörig. Eine Hörbehinderung ist gleichzeitig eine Kommunikationsbehinderung und Bildung wird über Sprache vermittelt. Eine Lehrerin in meiner ersten Grundschule konnte mit diesen Voraussetzungen nicht umgehen und meine prognostizierte Zukunft ging nicht über einen Hauptschulabschluss hinaus. Ein Wechsel zu einer Schule mit Lernvoraussetzungen, die meinem Kommunikationsbedürfnis entsprachen, änderte alles. Ich hatte selber erfahren, wie viel Lehrkräfte bewirken können und beschloss, mich so gut ausbilden zu lassen wie möglich, um dasselbe zu bewirken. An diesem Morgen meines Bewerbungsgesprächs für das Evangelische Studienwerk war ich also auch nervös, weil ich nicht wusste, ob das Auswahlverfahren vom Umfeld her ähnlich meiner ersten Grundschule war: Starr, oberflächlich und unfreundlich zu nicht ins System passenden Menschen. Das Gegenteil ist der Fall: Villigst kultiviert ein freundliches, wertschätzendes und professionelles Umfeld.
Wenn Du Dich also fragst, ob Du für ein Stipendium “genug” bist, dann möchte ich Dich