Stipendium Plus
© Heidi Scherm. Quelle: sdw
© Heidi Scherm. Quelle: sdw

Bericht von Franziska Pflaum

Stipendiatin des künstlerischen Aufbaustudiums der Konrad- Adenauer- Stiftung

Ich bin Regie Meisterschülerin an der Filmakademie „Konrad Wolf“ und Stipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung. Momentan arbeite ich an dem Drehbuch für meinen ersten Langspielfilm. Durch die finanzielle Förderung der KAS habe ich das immer seltener werdende Privileg, mir ausreichend Zeit für die Entwicklung des neuen Stoffes zu nehmen.

Für viele Menschen ist Film ein Unterhaltungsmedium. Ich begreife Film als Kunst. RegisseurInnen, die mich beeinflussen, haben eine eigenständige Formsprache entwickelt und versuchen in ihren Arbeiten komplexe Bedeutungszusammenhänge herzustellen. Es geht um eine kritische Auseinandersetzung mit der Welt, die uns umgibt und darum Fragen aufzuwerfen.

Oft ist die anfängliche Arbeit an einem Film wie eine Reise ohne Ziel. Man hat eine grobe Vorstellung davon, was passieren könnte und lässt sich auf die unerwarteten Wendungen ein, die das Leben parat hält. Ich recherchiere in realen Milieus und suche nach Personen und Geschichten, Orten und Eindrücken, die mich inspirieren. Die gewonnen Impressionen fließen in meine Drehbücher mit ein. Reale Beobachtungen werden fiktiv weiterentwickelt. Erst durch eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Stoff entsteht eine Narration, eine filmische Form und die Figuren werden lebendig. 

Heute wird es immer schwieriger, prozesshafte Arbeitsmethoden vor Fernsehsendern und Förderstellen zu rechtfertigen. Die eingereichten Stoffe sollen möglichst stringent und für jedermann verständlich sein. Die Konrad-Adenauer-Stiftung unterstützt im Rahmen des Stipendiums für ein künstlerisches Aufbaustudium bereits fünf herangehende Filmemacher auf ihrem Weg zu einem ersten Langfilm. Durch die Förderung wurde mir die Möglichkeit eröffnet, zwei Jahre lang finanziell unabhängig an einem Drehbuch zu arbeiten. Für mich war es die wichtigste Voraussetzung, um nach einer individuellen Ausdrucksform suchen zu können und mich an ein formal wie inhaltlich anspruchsvolles Thema heranzutasten. 

Ich komme ursprünglich aus Österreich und bin in Wien aufgewachsen. Was ich an meiner Heimatstadt am meisten liebe, ist die bunte Mischung meines Freundeskreises. An Orten, an denen man aufwächst, kennt man meist Menschen aus verschiedensten Milieus, Altersgruppen und Berufsfeldern. Als ich 2010 nach Berlin gezogen bin, war ich fremd hier. Die meisten meiner neuen Freunde lernte ich durch das Studium an der Filmakademie kennen. Bis vor zwei Jahren umgab ich mich fast ausschließlich mit Personen, die in kreativen Bereichen tätig sind. Seit meiner Aufnahme bei der KAS hat sich das schlagartig geändert. Hier kommen Menschen aus verschiedenen Fachrichtungen zusammen. Ich genieße den interdisziplinären Austausch und lerne sehr viel von meinen Mitstipendiaten. Die meisten sind schon in jungen Jahren erstaunlich umfangreich gebildet und können ihre Meinungen klug und überdacht äußern. Durch den kontinuierlichen Austausch entwickelt man sich weiter und wird mit Sichtweisen konfrontiert, die einen dazu veranlassen, die eigenen Standpunkte zu überdenken.

Besonders gut haben mir bisher die Seminare der KAS gefallen. Mehrere Tage lang hört man Vorträge zu einem konkreten Thema. Meistens werden die tagsüber besprochenen Inhalte bis spät in die Nacht diskutiert. Man tauscht sich aus, lernt von den anderen, versucht sich eine Meinung zu bilden und diese vor der Gruppe zu vertreten. Verschiedene Ansichten prallen aufeinander. Spätestens hier wurde mir klar, dass die KAS darum bemüht ist Menschen mit diversen gesellschaftlichen und differenzierten politischen Ansichten zusammenzuführen. Nie habe ich es erlebt, dass Äußerungen als zu subversiv abgetan wurden. Vielmehr hatte ich den Eindruck, es sei erwünscht, aus der Reihe zu tanzen und mit einem interessanten Gegenbeispiel die Diskussionen zu bereichern. 

Soziales Engagement wird bei der KAS groß geschrieben. Ich arbeite an einem Projekt, das mir ganz besonders am Herzen liegt. Mit Jugendlichen aus dem Caritas Kinder- und Jugendzentrum Magdalena in Lichtenberg, Berlin, realisieren wir filmische Projekte. Es geht darum, den Jugendlichen Mut zu machen, vor der Kamera zu agieren, sich inhaltlich einzubringen und als Team an einer gemeinsamen Sache zu arbeiten. Es ist wunderschön zu sehen, wie die Teilnehmer über sich hinauswachsen und lernen, ihre individuellen Stärken einzubringen. Unser erster Film, bei dem die Kinder als Schauspieler, Drehbuchautoren und Ideengeber mitgewirkt haben, hat im Januar 2016 Premiere gefeiert. FLUSSAUFWÄRTS war ein voller Erfolg. Ein 40 Minuten langes Kinder- Splatter- Trash Movie. Jetzt planen wir ein neues Projekt. SCHLAF KINDLEIN SCHLAF ist ein Horrorfilm. In den vorbereitenden Gesprächen geht es vor allem um den Umgang mit Angst. Diesmal stehen die Jugendlichen auch hinter der Kamera und haben die Möglichkeit, in den Departments Licht, Kamera, Ton, Kostüm, Maske, Szenografie und Regie mitzuwirken. 

Wenn ich in ein paar Monaten mein Meisterschülerstudium abschließe, halte ich nicht nur ein fertiges Drehbuch in Händen. Ich konnte mich durch die ideelle Förderung der KAS persönlich weiter entwickeln, habe inspirierende Menschen kennengelernt und mir Gedanken über meinen zukünftigen Werdegang gemacht. Eine gute Grundlage, um die ersten Schritte in die professionelle Welt des Films zu wagen.

Mehr Informationen über Franziska Pflaum und ihr Arbeit als Regisseurin findet ihr im Interview mit dem deutsch-französischen Kultursender ARTE unter: http://cinema.arte.tv/de/artikel/begegnung-mit-franziska-pflaum


Hier gelangt ihr zu den anderen Einblicken des Monats:

Februar 2016: Einblick des Monats

Januar 2016: Einblick des Monats

Dezember 2015: 90 Jahre, 90 Köpfe

November 2015: Große und kleine Transformationen 

Oktober 2015: Universität für Flüchtlinge

September 2015: Vereinbarkeit von Studium, Ehrenamt und Familie dank der Unterstützung durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung

August 2015: DAS JOURNALISTISCHE FÖRDERPROGRAMM DER HANNS-SEIDEL-STIFTUNG 

Juli 2015: Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen.  Eine Perspektive zweier Stipendiatinnen des Avicenna-Studienwerks 

Juni 2015: Chen Jerusalem, Alumnus des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks über sein Studium und seine Abschlussarbeit „Cover the Body with Feelings“ 

Mai 2015: Erstes Absolventenkonzert mit Stipendiatinnen und Stipendiaten aus der Musikerförderung des Cusanuswerks

April 2015: Mitbestimmen und über den Tellerrand schauen — das Evangelische Studienwerk ermöglicht neue Perspektiven

März 2015: Den Gründergeist schon während des Studiums entdeckt

Februar 2015: Bericht von Ronny Zimmermann, Stipendiat der Journalistischen Nachwuchsförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung

Januar 2015: Das FES-Bildungsprogramm von und für Stipendiat_innen 

Dezember 2014: Begabtenförderung der Friedrich-Naumann-Stiftung

November 2014: STUDIENSTIFTUNG ZEICHNET BESONDERES ENGAGEMENT AUS: MAXIMILIAN OEHL ERHÄLT DEN „WEITER?GEBEN!“-PREIS 2015

September 2014: Mein Weg zur Hans-Böckler-Stiftung und die Förderung der Stiftung

August 2014: Materielle und ideelle Ermöglichung zum Andersdenken mit einem Stipendium der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Juli 2014: Kleine Klassen, echte Profis als Lehrer

Juni 2014: WEITER HORIZONT, ENGE GRENZEN? – Austausch ohne Grenzen in offenes Netzwerk als Teil der „Villigster Gemeinschaft“

Mai 2014: Bericht von Nina Schießl (Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk)

April 2014: Aufbrechen zu neuen Zielen. Mit den Begabtenförderwerken in die Welt. (Bericht von Maria Dillmann, Cusanuswerk)

März 2014: muslimisch – talentiert – engagiert. Avicenna-Studienwerk startet mit der ersten Bewerbungsphase

Februar 2014: "Bei der Stiftung der Deutschen Wirtschaft kommen Studierende aus allen Fachrichtungen zusammen"

Januar 2014: Studieren und Promovieren mit einem Kind oder – man mag es kaum glauben - sogar mehreren Kindern? (Bericht von Helen Schmitt-Lohmann und Laura Solzbacher, Konrad-Adenauer-Stiftung)

Dezember 2013: Ein Tag aus meinem Leben als Stipi von Tina Jung, Stipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung

November 2013: Abschlussbericht von Olivia Güthling, Altstipendiatin der Friedrich Naumann-Stiftung

 

Avicenna Studienwerk
Cusanuswerk e.V.
Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk
Evangelisches Studienwerk e.V. Villigst
Friedrich-Ebert-Stiftung
Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit
Hans Böckler Stiftung
Hanns Seidel Stiftung
Heinrich Böll Stiftung
Rosa Luxemburg Stiftung
Stiftung der deutschen Wirtschaft
Studienstiftung des deutschen Volkes