Der RefugeeGuide von Michael Strautmann (Stiftung der Deutschen Wirtschaft)
Mit seinem kostenlosen RefugeeGuide (www.refugeeguide.de) für Geflüchtete hat Michael Strautmann bundesweite Aufmerksamkeit erlangt. Der Alumnus des Studienförderwerks Klaus Murmann der Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw) hat eine Broschüre entwickelt, die mittlerweile über eine Millionen mal gedruckt wurde und die den Menschen ganz konkrete Hilfestellungen im fremden Land bietet. Mit dem Stipendium der sdw promovierte Michael Strautmann an der Universität Hamburg und am German Institute of Global and Area Studies über organisationsübergreifende Zusammenarbeit in der Entwicklungspolitik. Seit Mai 2017 ist er als Programme Analyst für die Vereinten Nationen (VN) tätig.
Mit dem RefugeeGuide hast Du ein weit beachtetes Hilfsinstrument für Geflüchtete initiiert. Was hat Dich dazu angetrieben, Dich in dieses tolle, aber sicher sehr aufwändige Projekt zu stürzen?
Michael Strautmann: Als im Spätsommer 2015 immer mehr Menschen in Deutschland Zuflucht suchten, sind die Bearbeitungszeiten für Asylanträge dramatisch in die Höhe geschnellt. Allein bis zur Registrierung der angekommenen Menschen dauerte es zeitweise länger als ein Vierteljahr. Bis (anerkannte) Flüchtlinge schließlich an den staatlichen Deutsch- und Integrationskursen teilnehmen konnten, verging häufig mehr als ein ganzes Jahr. In dieser Zeit wurde den Geflüchteten keinerlei Informationen über das Leben in Deutschland zur Verfügung gestellt. Diese Lücke wollte ich schließen.
Was genau leistet der Guide?
Michael Strautmann: Der RefugeeGuide bietet nützliche Informationen über das Leben in Deutschland an. Das reicht von Hinweisen zur Begrüßung von Mitmenschen und zum Einkauf von Lebensmitteln bis hin zur Erklärung von Gleichberechtigung und Gewaltfreiheit. Weil in einem Crowdsourcing-Verfahren mehrere hundert Menschen mit verschiedensten Hintergründen am Text des Guides mitgearbeitet haben, ist dieser wohlformuliert, begegnet den Geflüchteten auf Augenhöhe – und deckt ein sehr breites Spektrum an Themen ab. Außerdem konnte der Guide auf diese Weise in mittlerweile 17 Sprachen übersetzt und gratis zur Verfügung gestellt werden.
Zahlreiche Förderer – Unternehmen, Wohlfahrtsorganisationen, Kommunen, Stiftungen u. v. m. – unterstützen den RefugeeGuide. Hast Du Rückmeldungen dazu, wie das Angebot genutzt wird?
Michael Strautmann: Die Verwendung ist so vielfältig wie die Verwender des RefugeeGuides. Behörden und offizielle Stellen legen die Broschüre einfach aus, oder verteilen sie. Deutschlehrer setzen den Guide gerne im Unterricht für Geflüchtete ein, insbesondere die neue Version in leichter Sprache. Ehrenamtliche nutzen die Broschüre häufig, um mit Geflüchteten ins Gespräch zu kommen und sich über kulturelle Unterschiede auszutauschen.
Und wie geht es jetzt weiter?
Wir sind froh, dass der Bedarf für solches Informationsmaterial schließlich auch von öffentlicher Seite erkannt wurde. Nach unserem Vorbild hat das BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) die Ankommen-App (www.ankommen.de) entwickelt. Die App bietet zwar leider nur fünf Sprachen an, ist inhaltlich aber umfangreicher. So konnten die Entwickler der Ankommen-App auch auf die vielen Hinweise zur inhaltlichen Erweiterung zurückgreifen, die wir für den RefugeeGuide erhalten, strukturiert und dann übergeben haben. Die Ankommen-App enthält außerdem auch Informationen zum Asylverfahren und einen integrierten Sprachkurs.
Bei den Vereinten Nationen arbeitet Michael Strautmann insbesondere an der Weiterentwicklung des OnlineVolunteering-Programms mit. Dabei kommen ihm auch seine Erfahrungen mit der Entwicklung des RefugeeGuides zu Gute.
Hier gelangt ihr zu den anderen Einblicken des Monats:
März 2017: „Deswegen ist es gut, FES-Stipendiat_in zu sein“
Februar 2017: „Ich studiere“ klang für mich ähnlich utopisch wie „Ich fliege zum Mars“
Januar 2017: "Als Botschafter setze ich mich für mehr Chancengleichheit in der Bildung ein
Dezember 2016: "Ein vielfältiges Netzwerk aufbauen"
November 2016: „Ich wollte mich ausprobieren“
Oktober 2016: Bericht von Amina & Corinna
September 2016: Dankbarkeit – ein Bericht von Andreas Wüst
August 2016: Vom Willkommen Heißen zum Ankommen Helfen - Das Flüchtlingslotsenprojekt „Unsere Zukunft. Mit Dir!“
Juli 2016: Denkraum und Diskursmaschine
Juni 2016: Bericht von Lucas Uhlig
Mai 2016: Als Erster in der Familie studieren? Klar, mit einem Stipendium!
April 2016: Den Geflüchteten ein Gesicht geben
März 2016: Bericht von Franziska Pflaum
Februar 2016: Einblick des Monats
Januar 2016: Einblick des Monats
Dezember 2015: 90 Jahre, 90 Köpfe
November 2015: Große und kleine Transformationen
Oktober 2015: Universität für Flüchtlinge
September 2015: Vereinbarkeit von Studium, Ehrenamt und Familie dank der Unterstützung durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung
August 2015: DAS JOURNALISTISCHE FÖRDERPROGRAMM DER HANNS-SEIDEL-STIFTUNG
Juli 2015: Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen. Eine Perspektive zweier Stipendiatinnen des Avicenna-Studienwerks
Juni 2015: Chen Jerusalem, Alumnus des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks über sein Studium und seine Abschlussarbeit „Cover the Body with Feelings“
Mai 2015: Erstes Absolventenkonzert mit Stipendiatinnen und Stipendiaten aus der Musikerförderung des Cusanuswerks
April 2015: Mitbestimmen und über den Tellerrand schauen — das Evangelische Studienwerk ermöglicht neue Perspektiven
März 2015: Den Gründergeist schon während des Studiums entdeckt
Februar 2015: Bericht von Ronny Zimmermann, Stipendiat der Journalistischen Nachwuchsförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung
Januar 2015: Das FES-Bildungsprogramm von und für Stipendiat_innen
Dezember 2014: Begabtenförderung der Friedrich-Naumann-Stiftung
November 2014: STUDIENSTIFTUNG ZEICHNET BESONDERES ENGAGEMENT AUS: MAXIMILIAN OEHL ERHÄLT DEN „WEITER?GEBEN!“-PREIS 2015
September 2014: Mein Weg zur Hans-Böckler-Stiftung und die Förderung der Stiftung
August 2014: Materielle und ideelle Ermöglichung zum Andersdenken mit einem Stipendium der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Juli 2014: Kleine Klassen, echte Profis als Lehrer
Juni 2014: WEITER HORIZONT, ENGE GRENZEN? – Austausch ohne Grenzen in offenes Netzwerk als Teil der „Villigster Gemeinschaft“
Mai 2014: Bericht von Nina Schießl (Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk)
April 2014: Aufbrechen zu neuen Zielen. Mit den Begabtenförderwerken in die Welt. (Bericht von Maria Dillmann, Cusanuswerk)
März 2014: muslimisch – talentiert – engagiert. Avicenna-Studienwerk startet mit der ersten Bewerbungsphase
Februar 2014: "Bei der Stiftung der Deutschen Wirtschaft kommen Studierende aus allen Fachrichtungen zusammen"
Januar 2014: Studieren und Promovieren mit einem Kind oder – man mag es kaum glauben - sogar mehreren Kindern? (Bericht von Helen Schmitt-Lohmann und Laura Solzbacher, Konrad-Adenauer-Stiftung)
Dezember 2013: Ein Tag aus meinem Leben als Stipi von Tina Jung, Stipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung
November 2013: Abschlussbericht von Olivia Güthling, Altstipendiatin der Friedrich Naumann-Stiftung