Carolin Schuster forscht an der Technischen Universität München über digitale Klimawandeldiskurse und verbindet dabei Informatik mit sozialwissenschaftlichen Fragestellungen.
Wie bist du zur Heinrich-Böll-Stiftung gekommen?
Als mein Promotionsthema feststand und eine Finanzierung gefunden werden musste, schlug mein Betreuer die Bewerbung für ein Stipendium vor. Dabei sollten Werte von Stiftung und Kandidat*innen zueinander passen. Für mich fiel die Wahl – begründet sowohl mit meinem privaten Interesse für Nachhaltigkeit als auch mit meinem entsprechenden Forschungsfokus - auf die Heinrich-Böll-Stiftung. Beworben habe ich mich für das Forschungscluster zur Transformationsforschung – einem Forschungsschwerpunkt im Rahmen der Promotionsförderung der Stiftung. Schon über den gesamten Bewerbungsprozess war die Leidenschaft für grüne Themen zu spüren, seitens der Auswahlkommission und der anderen Bewerber*innen. Nach dieser positiven Erfahrung war ich umso erfreuter, als ich eine Zusage für ein Stipendium und damit für die Unterstützung meiner Forschung bekam und dass ich nun von diesem Netzwerk mit vielen inspirierenden Menschen profitieren darf. Mit einigen Stipendiat*innen aus dem Auswahlworkshop – das ist die dritte Bewerbungsetappe im Auswahlverfahren der Stiftung - stehe ich seither im fortlaufenden Austausch.
Was ist der Kern deiner Forschung?
In meiner Promotion verwende ich Innovationen aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz zur Analyse von Diskursen über den Klimawandel, insbesondere von Posts und Kommentaren aus den sozialen Medien. Hierbei geht es darum, Inhalte aus den Datenmassen zu extrahieren, aber auch zu verstehen, wie wir die neue Technik sinnvoll einsetzen können und einsetzen sollten. Mit der voranschreitenden Entwicklung der Künstlichen Intelligenz ergeben sich neue Chancen und Risiken und wir als Gesellschaft werden entscheiden müssen, wie wir damit umgehen wollen. Dazu braucht es eine breite Auseinandersetzung mit der Materie, die nicht allein ökonomisch getrieben wird, sondern genauso die sozialen und ökologischen Aspekte würdigt.
Wie promoviert man in Informatik ohne Informatik-Studium?
Wie die Heinrich-Böll-Stiftung und die TU München längst erkannt haben, wird Interdisziplinarität zunehmend wichtiger. Immer besser lassen sich also Platz und Finanzierung finden für Promotionsthemen, die Brücken zwischen den Fachdisziplinen schlagen. Besonders im sich rasant entwickelnden Forschungsfeld der Künstlichen Intelligenz ist dies wichtig, denn sie wird künftig Forschungsgegenstand wie Methoden nahezu aller anderen Disziplinen beeinflussen. Das heißt, wir brauchen unbedingt Quereinsteiger*innen aus allen Disziplinen.
Das Wichtigste in der interdisziplinären Forschung ist die Offenheit für neue Denk- und Arbeitsweisen und die Fähigkeit, sich schnell einarbeiten zu können. Ich habe mir gegen Ende meines Masterstudiums der Verbraucherwissenschaften im Selbststudium die Kenntnisse über das Programmieren und maschinelle Lernen angeeignet und dies über die Arbeit als Data Scientist verfestigt. Meine Erfahrungen zeigen mir, dass Vielseitigkeit gefragt ist, in Forschung wie Wirtschaft. Für den Überblick braucht es die Grundkenntnisse der Disziplinen, aber besonders gilt es, die eigene interdisziplinäre Nische zu finden und sich das Spezialwissen und Kenntnisse aus verschiedenen Disziplinen anzueignen, die man in einen produktiven Austausch bringen möchte.
Wie wird Interdisziplinarität in der Heinrich-Böll-Stiftung gefördert?
Innerhalb der Heinrich-Böll-Stiftung besteht eine grundsätzliche Kultur der Offenheit und ständiger Horizonterweiterung, auf allen Ebenen und so auch auf der fachlichen Ebene. Interdisziplinärer Austausch und Zusammenarbeit ist explizit erwünscht und wird durch unterschiedliche Vernetzungsveranstaltungen und Formate besonders gefördert: In Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themen arbeiten Stipendiat*innen aller Fachbereiche zusammen und arbeiten gemeinsam an Fragestellungen und Problemlösungen. Im „Promovierendenforum“, der zentralen Jahresveranstaltung der Promotionsstipendiat*innen, stellen wir uns gegenseitig fachübergreifend unsere Promotionsvorhaben vor und erläutern uns den jeweils fachspezifischen Zugang.
Alle Promotionsstipendiat*innen, deren Arbeiten im weitesten Sinne die soziale und ökologische Transformation hin zu einer nachhaltigeren Gesellschaft betreffen, sind Teil eines Forschungsclusters „Transformationsforschung“, dem ich seit Beginn der Förderung angehöre. In diesem bunten Kreis, in dem zwischen Umwelt- und Politikwissenschaften nahezu jede Disziplin vertreten ist, präsentieren wir unsere Forschungsergebnisse, wodurch spannende fachübergreifende Diskussionen entstehen. Man erkennt neue Anknüpfungspunkte und Perspektiven zum eigenen Thema, woraus sich neue Ideen schöpfen lassen, aber vor allen Dingen fördert das interdisziplinäre Gespräch den Weitblick auf das große Ganze. Ergebnisse und andere Neuigkeiten aus dem Forschungscluster gibt es stets auf Twitter unter: https://twitter.com/transfocluster.