Stipendium Plus
© Heidi Scherm. Quelle: sdw
© Heidi Scherm. Quelle: sdw

Einblick des Monats August 2018

Gregor Christiansmeyer, Stipendiat des Cusanuswerks

In der Küche steigt schon Plätzchenduft auf, adventliche Musik läuft über Bluetooth-Boxen. Währenddessen sitze ich mit zwei Cusanerinnen um einen Esstisch im Bonner Süden; wir unterhalten uns, lachen und formen mit Hingabe Vanillekipferl.

Noch zwei Stunden zuvor habe ich konzentriert an meinem Arbeitsplatz gesessen. Um mich herum Bücher, Ordner und vor allem eines: Aktenseiten über Aktenseiten mit Kopien aus dem Archiv des italienischen Außenministeriums. Ich habe mir in diesem Advent zwei Wochen Arbeitsauszeit genommen und bin nach Bonn-Mehlem gefahren, um mit meiner Bachelorarbeit voranzukommen. Der Ortsteil am Rheinufer dürfte wenigen ein Begriff sein. Im Cusanuswerk entfaltet er jedoch nicht nur bei mir, sondern auch bei vielen anderen Sehnsuchtsmomente.

Das Konzept ist dabei denkbar einfach: wer an einer Haus- oder Abschlussarbeit sitzt, wer Examen schreibt oder mit seiner Promotion vorankommen möchte, kann hierherkommen. Im Haus gibt es Gästezimmer, einen Arbeitsraum und Gemeinschaftsräume. Und Gemeinschaft, angeregte Diskussionen sind ein wesentlicher Teil dessen, was den Geist des Hauses ausmacht. In gemeinsamer Tagesstruktur arbeiten, Gebetszeiten erleben und Freiräume genießen. Dazu kann dann im Winter auch Plätzchenbacken gehören.

Ein Zeitsprung zurück: Als ich im September 2014 den Brief des Cusanuswerks in den Händen hielt, konnte ich es erst gar nicht glauben. Ich sollte von dieser Förderung profitieren können? Wenige Wochen später hatte ich gerade die ersten Vorlesungen und Seminarsitzungen hinter mir und begann meine neue Studienheimat Münster kennenzulernen. Jetzt gehörte das "Semesterauftakttreffen" der Cusanus-Hochschulgruppe zum Programm. Wer würde mich dort erwarten? Die kannten sich bestimmt alle schon untereinander?

Meine Sorgen und Ängste lösten sich sehr bald in das Gegenteil auf: Begeisterung. Während man sich in anderen Kontexten zu Studienbeginn einen mühsamen Gesprächseinstieg über Standardfragen wie "Woher kommst du? Was studierst du?" suchte, war nicht nur damals, sondern ist bis heute die Gesprächssituation im Cusanuswerk anders. Zwar gibt es nicht nur sehr verschiedene Glaubensvorstellungen und -erfahrungen, die sich im Werk begegnen, natürlich sehr unterschiedliche Fachrichtungen, sondern auch politisches Streitpotential - aber die Diskussionen werden ausgetragen. Und das in der Regel sehr zivilisiert, meist sogar noch interdisziplinär...

Es ist genau dieses Zwischenmenschliche, was das Cusanuswerk für mich zu einer Art von "Heimat" unabhängig von Herkunft und Ort werden lässt. Egal ob auf einer der legendären Ferienakademien, im Geistlichen Programm, den Hochschulgruppen oder bei einer selbstorganisierten Fachschaftstagung: Dieser kritische, offene Geist lebt.

Neben den Menschen, den Veranstaltungen, den Orten (wie Mehlem) und den finanziellen Möglichkeiten viel unabhängiger planen zu können, bedeutet das Stipendium des Cusanuswerks für mich auch eine große Freiheit. Eine Freiheit, im Studium auch Dinge ausprobieren zu können, die nicht perfekt in den modularisierten Studienverlaufsplan passen, eine Freiheit, nicht nur einen Sprachkurs, sondern auch ein Auslandssemester und ein Praktikum in Italien machen zu dürfen, und vor allem eine Freiheit, etwas zurückzugeben, sich einzusetzen:

Mit dem Stipendium brauche ich nicht zwingend neben dem Studium zu jobben. Ich kann mich stattdessen im europäischen Blogprojekt HistoryCampus als Redakteur miteinbringen, eine Jugendfreizeit betreuen oder mich in meiner Gemeinde als Firmkatechet engagieren. Aber ich habe auch Freiräume für mich und meine persönlichen Interessen und Projekte.

Dafür bin ich außerordentlich dankbar und kann nur jeden Interessenten, jede Interessentin aufrufen: Versucht es und bewerbt euch. Ein Stipendium ist eine wundervolle Chance.

Gregor Christiansmeyer, geboren 1996, schloss seinen Bachelor in Politikwissenschaft und Geschichte and der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster ab. Nach einem Jahr mit unterschiedlichen praktischen Erfahrungen wird er sein Studium zum Wintersemester 2018/19 in Göttingen fortsetzen. Er wird seit 2014 durch das Cusanuswerk gefördert und hat sich hier unter anderem als Hochschulgruppensprecher und in der Geistlichen Kommission engagiert.


Hier gelangt ihr zu den anderen Einblicken des Monats:

Juli 2018: Evangelisches Studienwerk Villigst Ein Bericht von Bernhard Nemerth, Stipendiat des Evangelischen Studienwerks

Juni 2018: Ehrenamtlich bei der Feuerwehr: Porträt unseres Stipendiaten Benedikt Schinzel von der Hochschule Furtwangen 

Mai 2018: "Ein Stipendium ist ein Privileg" Ein Beitrag von Deborah Manavi

April 2018: Beitrag von Delara Burkhardt, Friedrich-Ebert-Stiftung 

März 2018: Raus aus dem Betrieb - rein in die Welt

Februar 2018: Ein Porträt der Stipendiatin der Studienstiftung Silke Seibold 

Januar 2018: „Mein Kompass: Respekt, Solidarität und Toleranz!“ von Alexander Marx, Heinrich-Böll-Stiftung 

Dezember 2017: Jana Mittelstädt, Promotionsstipendiatin der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit seit Juli 2016 

November 2017: Bericht von Silvia: (Un)mögliche Bildung(swege)? Nichts ist unmöglich!

Oktober 2017: Werte verbinden von Markus Hadwiger

September 2017: Alumni 1.0 – Ein Einblick in das Leben danach

August 2017: ELES – ein Ort für Machloket (Streitbarkeit)

Juli 2017: "Puzzlestücke – Wie aus einem Forschungsprojekt in der Mongolei Lebensphilosophie wurde"

Juni 2017: "Bewirb dich! - auch wenn es große Hürden zu geben scheint!"

Mai 2017: "Eine Millionen mal praktische Hilfe für Geflüchtete"

April 2017: "Ein Blick über den Tellerrand"

März 2017: "Deswegen ist es gut, FES-Stipendiat_in zu sein"

Februar 2017: "Ich studiere" klang für mich ähnlich utopisch wie "Ich fliege zum Mars".

Januar 2017: "Als Botschafter setze ich mich für mehr Chancengleichheit in der Bildung ein."

Dezember 2016: „Ein vielfältiges Netzwerk aufbauen“

November 2016: „Ich wollte mich ausprobieren“

Oktober 2016: Bericht von Amina & Corinna

September 2016: Dankbarkeit – ein Bericht von Andreas Wüst

August 2016: Vom Willkommen Heißen zum Ankommen Helfen - Das Flüchtlingslotsenprojekt „Unsere Zukunft. Mit Dir!“

Juli 2016: Denkraum und Diskursmaschine 

Juni 2016: Bericht von Lucas Uhlig

Mai 2016: Als Erster in der Familie studieren? Klar, mit einem Stipendium!

April 2016: Den Geflüchteten ein Gesicht geben

März 2016: Bericht von Franziska Pflaum

Februar 2016: Einblick des Monats

Januar 2016: Einblick des Monats

Dezember 2015: 90 Jahre, 90 Köpfe

November 2015: Große und kleine Transformationen 

Oktober 2015: Universität für Flüchtlinge

September 2015: Vereinbarkeit von Studium, Ehrenamt und Familie dank der Unterstützung durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung

August 2015: DAS JOURNALISTISCHE FÖRDERPROGRAMM DER HANNS-SEIDEL-STIFTUNG 

Juli 2015: Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen.  Eine Perspektive zweier Stipendiatinnen des Avicenna-Studienwerks 

Juni 2015: Chen Jerusalem, Alumnus des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks über sein Studium und seine Abschlussarbeit „Cover the Body with Feelings“ 

Mai 2015: Erstes Absolventenkonzert mit Stipendiatinnen und Stipendiaten aus der Musikerförderung des Cusanuswerks

April 2015: Mitbestimmen und über den Tellerrand schauen — das Evangelische Studienwerk ermöglicht neue Perspektiven

März 2015: Den Gründergeist schon während des Studiums entdeckt

Februar 2015: Bericht von Ronny Zimmermann, Stipendiat der Journalistischen Nachwuchsförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung

Januar 2015: Das FES-Bildungsprogramm von und für Stipendiat_innen 

Dezember 2014: Begabtenförderung der Friedrich-Naumann-Stiftung

November 2014: STUDIENSTIFTUNG ZEICHNET BESONDERES ENGAGEMENT AUS: MAXIMILIAN OEHL ERHÄLT DEN „WEITER?GEBEN!“-PREIS 2015

September 2014: Mein Weg zur Hans-Böckler-Stiftung und die Förderung der Stiftung

August 2014: Materielle und ideelle Ermöglichung zum Andersdenken mit einem Stipendium der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Juli 2014: Kleine Klassen, echte Profis als Lehrer

Juni 2014: WEITER HORIZONT, ENGE GRENZEN? – Austausch ohne Grenzen in offenes Netzwerk als Teil der „Villigster Gemeinschaft“

Mai 2014: Bericht von Nina Schießl (Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk) 

April 2014: Aufbrechen zu neuen Zielen. Mit den Begabtenförderwerken in die Welt. (Bericht von Maria Dillmann, Cusanuswerk)

März 2014: muslimisch – talentiert – engagiert. Avicenna-Studienwerk startet mit der ersten Bewerbungsphase

Februar 2014: "Bei der Stiftung der Deutschen Wirtschaft kommen Studierende aus allen Fachrichtungen zusammen"

Januar 2014: Studieren und Promovieren mit einem Kind oder – man mag es kaum glauben - sogar mehreren Kindern? (Bericht von Helen Schmitt-Lohmann und Laura Solzbacher, Konrad-Adenauer-Stiftung)

Dezember 2013: Ein Tag aus meinem Leben als Stipi von Tina Jung, Stipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung

November 2013: Abschlussbericht von Olivia Güthling, Altstipendiatin der Friedrich Naumann-Stiftung

 

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Evangelisches Studienwerk e.V. Villigst
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