Stipendium Plus
© Heidi Scherm. Quelle: sdw
© Heidi Scherm. Quelle: sdw

Einblick des Monats Mai 2018

Ein Stipendium ist ein Privileg

Ein Beitrag von Deborah Manavi

Ich will die Welt verändern, habe ich mit 18 Jahren gedacht. Nur wie? Heute mit 23 Jahren bin ich in diesem Wunsch etwas realistischer geworden. Mein Weg wurde und wird vor allem von zwei Gedanken geprägt: Ich möchte Menschen verstehen und kennen lernen und Gesellschaft aktiv gestalten.

Dieser Weg hat mich nach dem Abitur zum Journalismus gebracht. Als Journalistin habe ich die Möglichkeit, der Wahrheit ein Stück näher zu kommen und Menschen eine Stimme zu geben, die sonst nicht gehört werden. Nach dem Abitur machte ich drei redaktionelle Praktika. Am Ende dieses "Gap-Years" stand fest: Ich will Journalistin werden. Aber Journalismus studieren wollte ich nicht. Alles was passiert in unserer Welt, alles worüber ich berichten kann, ist menschengemacht. Ich wollte nicht Politik oder Wirtschaft verstehen. Ich wollte Menschen verstehen und Psychologie studieren. Nur wie sollte ich das mit Journalismus zusammenbringen?

Ein Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) hat es mir ermöglicht, genau diese Brücke zu schlagen. Seit Beginn meines Psychologie-Studiums bin ich Stipendiatin der Journalistischen Nachwuchsförderung (JONA) der KAS. Hier werde ich nicht nur finanziell unterstützt, das Besondere ist die ideelle Förderung in Form von journalistischen Seminaren. Das Programm sieht vor, dass wir Stipendiatinnen und Stipendiaten eine Reihe von Seminaren besuchen, die sich mit theoretischen Inhalten wie Ethik im Journalismus aber natürlich auch praktischem Berufshandwerk wie dem Produzieren von Fernseh- oder Printbeiträgen beschäftigen. Außerdem sollten wir journalistische Praktika absolvieren und regelmäßig journalistisch arbeiten.

Im Vorfeld der Bundestagswahl habe ich gemeinsam mit einem Team von rund sechs Journalistinnen und Journalisten den Tumblr-Blog "Wahlzone" mit verschiedenen Inhalten bestückt. Das Ziel war es, ein Bild davon zu erhalten, warum die Menschen in Sachsen, wen wählen. Dabei haben wir vor allem Interviews und Porträts als Formate genutzt, um die Entscheidungen der einzelnen Personen nachvollziehbar darzustellen. Die Geschichten der Menschen, die ich gehört habe, haben mich persönlich sehr bewegt und mein Bild über Sachsen, AfD-Wähler und Regionalpolitik nachhaltig geprägt. Mir ist aufgefallen, wie sehr ich doch in einer gesellschaftlichen Blase lebe und viele Probleme und Lebensrealitäten von Menschen dadurch an mir vorbeziehen. Mit dem distanzierten Blick der Journalistin in diese Lebensrealitäten einzutauchen, Menschen eine Stimme in der Öffentlichkeit zu geben und ihre Erzählungen so aufzuarbeiten, dass sie für andere nachvollziehbar sind, hat mich an diesem Projekt besonders begeistert.

Menschen kennen lernen und begegnen spielt für mich nicht nur im Journalismus eine Rolle, sondern leitet mich in allen meinen Interessen und hat mich auch zu dem transkulturellen Tanztheaterprojekt MultiMoves (Konzeption, Leitung: Olga Feger; multimoves.pageflow.io/multi-moves-what-the-hell-are-we-supposed-to-do-now) geführt. Seit 2017 nehme ich als Darstellerin an dem Projekt in Dresden teil. Das Ziel von MultiMoves ist die Begegnung von "neuen" und "alten" Einwohnern Dresdens über Theater und Tanz. Die Gruppe besteht ca. zur Hälfte aus Menschen mit Fluchterfahrung. Im Juli hatten wir unseren ersten Auftritt mit dem Stück "What the hell are we supposed to do now?". Darin ging es zum Beispiel um deutsche und syrische Vorurteile, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten, aber auch um zwischenmenschliche Begegnungen, die kulturelle Grenzen überschreiten können. MultiMoves hat mir eine andere Perspektive auf gesellschaftliches Zusammenleben ermöglicht. Aus meiner anfänglichen Begeisterung ist eine tiefe Verbundenheit mit der Gruppe und der Wunsch aktiv etwas zu dem Projekt beitragen zu wollen, entstanden.

All diese Erfahrungen sind für mich durch die Unterstützung der KAS sehr viel leichter zugänglich gewesen. Das Stipendium hat mir ermöglicht, ehrenamtlich tätig und nicht auf einen Nebenjob angewiesen zu sein. Außerdem habe ich durch die JONA das nötige Handwerkszeug gelernt, um bei der Wahlzone mitzuarbeiten und einen Blog für MultiMoves zu betreiben. Und so verändere ich im kleinen die Welt.

Ein Stipendium zu bekommen, ist ein Privileg. Ich versuche dieses Privileg verantwortungsbewusst zu nutzen.


Hier gelangt ihr zu den anderen Einblicken des Monats:

April 2018: Beitrag von Delara Burkhardt, Friedrich-Ebert-Stiftung 

März 2018: Raus aus dem Betrieb - rein in die Welt

Februar 2018: Ein Porträt der Stipendiatin der Studienstiftung Silke Seibold 

Januar 2018: „Mein Kompass: Respekt, Solidarität und Toleranz!“ von Alexander Marx, Heinrich-Böll-Stiftung 

Dezember 2017: Jana Mittelstädt, Promotionsstipendiatin der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit seit Juli 2016 

November 2017: Bericht von Silvia: (Un)mögliche Bildung(swege)? Nichts ist unmöglich!

Oktober 2017: Werte verbinden von Markus Hadwiger

September 2017: Alumni 1.0 – Ein Einblick in das Leben danach

August 2017: ELES – ein Ort für Machloket (Streitbarkeit)

Juli 2017: "Puzzlestücke – Wie aus einem Forschungsprojekt in der Mongolei Lebensphilosophie wurde"

Juni 2017: "Bewirb dich! - auch wenn es große Hürden zu geben scheint!"

Mai 2017: "Eine Millionen mal praktische Hilfe für Geflüchtete"

April 2017: "Ein Blick über den Tellerrand"

März 2017: "Deswegen ist es gut, FES-Stipendiat_in zu sein"

Februar 2017: "Ich studiere" klang für mich ähnlich utopisch wie "Ich fliege zum Mars".

Januar 2017: "Als Botschafter setze ich mich für mehr Chancengleichheit in der Bildung ein."

Dezember 2016: „Ein vielfältiges Netzwerk aufbauen“

November 2016: „Ich wollte mich ausprobieren“

Oktober 2016: Bericht von Amina & Corinna

September 2016: Dankbarkeit – ein Bericht von Andreas Wüst

August 2016: Vom Willkommen Heißen zum Ankommen Helfen - Das Flüchtlingslotsenprojekt „Unsere Zukunft. Mit Dir!“

Juli 2016: Denkraum und Diskursmaschine 

Juni 2016: Bericht von Lucas Uhlig

Mai 2016: Als Erster in der Familie studieren? Klar, mit einem Stipendium!

April 2016: Den Geflüchteten ein Gesicht geben

März 2016: Bericht von Franziska Pflaum

Februar 2016: Einblick des Monats

Januar 2016: Einblick des Monats

Dezember 2015: 90 Jahre, 90 Köpfe

November 2015: Große und kleine Transformationen 

Oktober 2015: Universität für Flüchtlinge

September 2015: Vereinbarkeit von Studium, Ehrenamt und Familie dank der Unterstützung durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung

August 2015: DAS JOURNALISTISCHE FÖRDERPROGRAMM DER HANNS-SEIDEL-STIFTUNG 

Juli 2015: Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen.  Eine Perspektive zweier Stipendiatinnen des Avicenna-Studienwerks 

Juni 2015: Chen Jerusalem, Alumnus des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks über sein Studium und seine Abschlussarbeit „Cover the Body with Feelings“ 

Mai 2015: Erstes Absolventenkonzert mit Stipendiatinnen und Stipendiaten aus der Musikerförderung des Cusanuswerks

April 2015: Mitbestimmen und über den Tellerrand schauen — das Evangelische Studienwerk ermöglicht neue Perspektiven

März 2015: Den Gründergeist schon während des Studiums entdeckt

Februar 2015: Bericht von Ronny Zimmermann, Stipendiat der Journalistischen Nachwuchsförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung

Januar 2015: Das FES-Bildungsprogramm von und für Stipendiat_innen 

Dezember 2014: Begabtenförderung der Friedrich-Naumann-Stiftung

November 2014: STUDIENSTIFTUNG ZEICHNET BESONDERES ENGAGEMENT AUS: MAXIMILIAN OEHL ERHÄLT DEN „WEITER?GEBEN!“-PREIS 2015

September 2014: Mein Weg zur Hans-Böckler-Stiftung und die Förderung der Stiftung

August 2014: Materielle und ideelle Ermöglichung zum Andersdenken mit einem Stipendium der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Juli 2014: Kleine Klassen, echte Profis als Lehrer

Juni 2014: WEITER HORIZONT, ENGE GRENZEN? – Austausch ohne Grenzen in offenes Netzwerk als Teil der „Villigster Gemeinschaft“

Mai 2014: Bericht von Nina Schießl (Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk) 

April 2014: Aufbrechen zu neuen Zielen. Mit den Begabtenförderwerken in die Welt. (Bericht von Maria Dillmann, Cusanuswerk)

März 2014: muslimisch – talentiert – engagiert. Avicenna-Studienwerk startet mit der ersten Bewerbungsphase

Februar 2014: "Bei der Stiftung der Deutschen Wirtschaft kommen Studierende aus allen Fachrichtungen zusammen"

Januar 2014: Studieren und Promovieren mit einem Kind oder – man mag es kaum glauben - sogar mehreren Kindern? (Bericht von Helen Schmitt-Lohmann und Laura Solzbacher, Konrad-Adenauer-Stiftung)

Dezember 2013: Ein Tag aus meinem Leben als Stipi von Tina Jung, Stipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung

November 2013: Abschlussbericht von Olivia Güthling, Altstipendiatin der Friedrich Naumann-Stiftung

 

Avicenna Studienwerk
Cusanuswerk e.V.
Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk
Evangelisches Studienwerk e.V. Villigst
Friedrich-Ebert-Stiftung
Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit
Hans Böckler Stiftung
Hanns Seidel Stiftung
Heinrich Böll Stiftung
Rosa Luxemburg Stiftung
Stiftung der deutschen Wirtschaft
Studienstiftung des deutschen Volkes